Mit Crashpad, Kleinkind und Wohnwagen durch das wohl schönste Land Europas – Norwegen. Harbak, Windsand, Magic Valley und Lofoten. Unendlich viel und unendlich geiler Granit im unentwegt flachen, haltlos schönem Licht des Polarkreises.
Die erste Nacht steht grünlich über Lappland. Mit jedem Meter gen Süden tauchen wir tiefer hinein. 3000km noch.
Niemand träumt mehr vom Alpenrand, der das hier gesehen hat.
Acht Wochen waren wir nicht in Dunkelheit untergegangen. Hoch ist der Norden der Welt. Viel tiefer als auf der anderen Seite der Süden. Wage glitzert der nächtliche Hafen von Stavanger, den wir mit unserer Fähre auf dem Weg nach Bergen angelaufen hatten, mit seinen Lichtlein am Ufer aus unserer Erinnerung herauf.
Dazwischen nur Licht. Dem Fotografen beinahe schon feindlich gesinnt in seiner Übersättigung. Überstimulation. Immer wieder bricht irgendwo ein Strahl zwischen den Wolken hindurch in diesem typisch flachen Winkel der erhöhten Breitengrade. Immer wieder diese Lust, die Drang werden kann, die Zwang werden kann, wenn man sich zu sehr dem Schaffen von hinter der Linse verdingt. Immer wieder das hastige Herauskramen der Kamera.
Objektive wechseln, als stünden wir in der Boxengasse und nicht an einem Aussichtspunkt.
Zur Ruhe kommen wir erst einen Steinwurf vom Paradies entfernt. Magic Valley. Gjerdalen. Der Schmelztiegel all dessen, was die junge, bouldernde Familie verführt an diesem Land: Fjell. Gletscherschliff. Blöcke. Bäche. Rundgeschliffene Gipfel umzingeln uns. Seen. Überall.
Licht.
Wir bleiben zwei Wochen. Erschließen uns Blöcke und Linien putzend vom Wohnwagen kommend tiefer ins geweihte Land hinein.
So einen Ort gibt es nicht wieder.
Geile Bouldergebiete allerdings warten in Norwegen überall. Geschätzt in etwa alle 50km könnte man eines direkt an der Straße erschließen. Granit ist keine Erfindung der Alpen. Aller Granit kommt scheinbar von hier.
Harbak, Vingsand, Straumen, Matre und zuletzt die Lofoten. Immer wieder noch besserer Fels zum Bouldern. Immer wieder noch mehr fotogenste Linien. Daneben mitunter: Die schönsten Strände Europas. Und das Meer noch immer nicht so richtig kalt. Elche und Auerhähne. Fische, Beeren und Pilze. Denn Essen ist teuer. Alkohol auch.
Wir mästen uns an der Landschaft. Wir berauschen uns am Licht.
Acht Wochen Trunkenheit.
Und dann wird es dunkel.