Meine homosexuelle Katze und das beste Bouldermeer der Welt – über Sucre und den Salar de Uyuni ins Valle de las Rocas. Kapitel 18 (27.07. – 05.08.)
Sucre hängt wie der Bart eines Methusalems an den Abhängen in Richtung Regenwald, nur noch 2800m.ü.d.M. und damit seit Iquique vor einem guten Monat der erste Aufenthalt unter 3000m. Die Stadt ist zauberhaft und weiß. Außergewöhnlich sauberhaft und trotzdem nicht sehr teuer. Leider fange ich mir zwei nicht ganz so saubere Snacks ein und falle damit fürs Klettern in und um die Stadt herum aus. Vier Tage lang Entspannen und Erholen vor dem letzten großen Ansturm auf die verbleibenden Projekte. Vor allem in Socaire.
Eine Tierärztin, die mit uns auf dem Campingplat in Sucre weilt, beobachtet unseren pubertären Kater, der die ganze Nacht lang heult, als wäre er läufig, bei ersten Reproduktionsversuchen. Allerdings mit dem gleichen Geschlecht. Danach ist dafür Schluss mit dem nächtlichen Gemaunze. Vielleicht platzte da ja ein Knoten.
Tags darauf verabschiedet sich Jeannes Mutter und Jules, der eigentlich mitfliegen wollte, vergisst seine Eier am Gate und kommt schließlich zurück zu uns. Was er auch gerne darf, das nächste Mal aber bitte vor dem Ticketkauf. Wir sind also wieder in alter Besetzung, die Zeit der gelegentlichen Hotels ist auch vorbei und Restaurants reduzieren wir (vor allem ich) aus Selbstschutz.
Einen Tag noch El Eden, um das Projekt zu filmen, mit der Hilfe von Carlos, Roman aus Zürich und Alex aus England. Vor allem die Crux kommt mir mit fünf Ruhetagen auf unter 3000m und der daraus oft mangelnden Explosivität wieder ziemlich schwer vor. Ich kann sie nur in Stücken klettern und zähle mir im Kopf die Anzahl Tage vor, die so eine Route (statt überraschenderweise nur drei) auch dauern kann und komme auf fünf bis sechs und also fast so viele wie in Ruta de Cobre (9a) von Anfang Juni in Socaire. Wird es also 9a? Noch muss ich auf den Formcheck in Chiles Norden warten.
Erst einmal checken wir touristisch weiter über den größten Salzsee der Welt in Uyuni. Mit gut 100km/h rasen wir über das 200km weite, glatte Weiß. Über die gelegentlichen großen Löcher fliegen wir dahin. Es ist wie in einer Kapsel aus dem Jenseits, alles gleißend, fast unendlich, ohne Halt. Nur eben rasen.
Was wir nicht alleine tun. An der Isla Incahuasi, voller Kakteen und tatsächlich wundersam wie -bar treffen wir auf gut 50 andere Touristenjeeps. Alle spreizen ihre Beine, um mit dem Smartphone unten durch und übers Salz hin zu knipsen, dabei kann ich nichts besonders Erotisches entdecken. Diese Welt ist eher ziemlich lebensfeindlich, dem Jenseits in diesem Punkte ähnlich, und Malbec (der Kater) macht ins Bett, weil er auf dem harten Weiß nicht scharren kann.
Wir schlafen und die Kamera sampled die Sterne alle 40 Sekunden. Ganz in der Früh dann den dunklen Reifenspuren nach zurück aufs (weniger) feste Land, Juan eingesammelt und auf nach Valle de las Rocas. Zweimal waren wir schon ganz oder fast auf dem Weg hierhin (und wurden jeweils nur von eingeschneiten Straßen oder Pässen davon abgehalten), jetzt halten wir nach guten zwei Stunden guter Piste zwischen den Blöcken.
Alle sind ein bisschen krank, meine Boulermotivation für schwere Sachen wenig hoch, was schade ist, denn: Das hier ist das – sieht man sich die Blöcke, ihr Gestein und Anzahl, an sich an – das wohl beste und größte Bouldergebiet der Welt. Ohne Scheiß.
Nur ist es eben ziemlich ab vom Schuss, auf beinahe 4000m.ü.d.M, gibt es kein Wasser und dem Altiplano entsprechend wenig Vegetation (haben wir aber auch schon karger gesehen). Die Blöcke aus der bisher – mit Tuzgle zusammen – besten Vulkanasche in perfekten Höhen und schönstmöglichen Griffformen erstrecken sich über etwa 20km mal 10km (und es gibt einige weitere Valle de las Rocas in der Gegend). Am zweiten Tag komme ich in der ersten Boulderrausch, immer wieder finde ich mich ohne Matten acht Meter über dem Boden wieder, aber dem Gestein darf man auch im jungfräulichen Zustand vertrauen. Vor allem oben auf den Blöcken, wo es noch stärker erodiert ist.
Wir bleiben noch einen Tag mehr, folgen dann aber meinem nach Jahren erneut extrem dominant schlagenden Routenkletterherzen nach Socaire. Was uns dort erwartet, lässt mich allerdings aus allen glücklicherweise nicht mehr anzutreffenden Wolken fallen.